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Zusammenhalten für Veränderungen

Zusammenhalten für Veränderungen

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine ist auch für die Bauern vieles aus den Fugen: die Märkte spielten verrückt, die Kosten gingen rasant rauf und nur teilweise ein bisschen wieder runter. Vom durch die Politik versprochenen Bürokratieabbau ist nichts zu sehen – im Gegenteil. Die Europäische Union plant Schritte, die selbst gestandene Verantwortliche des Bauernverbands beim ersten Hinsehen nicht mehr durchblicken. Noch hat unser Geschäftsführer und zugleich Hildburghäuser Vorsitzender des Regionalbauernverbandes seinen Optimismus nicht verloren.


„Essen, Trinken und Energie gehören zu den Grundbedürfnissen der Leute – und wir Bauern können genau das bedienen“, sagte er nach 2022 auch in diesem Jahr auf der Mitgliederversammlung des Regionalbauernverbandes in Reurieth. Aber er machte auch klar, dass man vor einem gesellschaftlichen Wandel stehe, der auch den Landwirten viel abverlange und zumute. Trotzdem ermunterte er zu einer gewissen Portion Zuversicht - auch wenn dies selbst ihm inzwischen oft schwer fällt. Wenn Ophelia Nick, die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium in einer Diskussionsrunde mit Agrarleuten nachfrage, was benachteiligte Gebiete und Ausgleichszahlungen seien, dann ist das für Reimann „ziemlich erschreckend“. Von Verantwortlichen in solch einer Position im Bund erwartet er schließlich fachlich fundierte Antworten und nicht solche Fragen, die Laien stellen.


Die Stichworte „benachteiligte Gebiete“ und „Ausgleichszahlungen“ sind für die Südthüringer Agrarbetriebe immens wichtig, denn sie wirtschaften größtenteils in genau solchen Regionen. Durch Höhenlage, Hangneigung, klimatische Voraussetzungen, Erreichbarkeit, aber auch durch eine relativ geringe Bodenqualität sind die Produktionsbedingungen hier erschwert. Üppige Erträge der Superlative wie in anderen Gegenden Deutschlands sind nicht zu erwarten. Damit die Unternehmen dennoch weiter Landwirtschaft betreiben, bekommen sie Ausgleichszahlungen wegen der schlechteren Produktionsbedingungen, damit die Landwirtschaft flächendeckend zwischen Rhön und Rennsteig erhalten bleibt. Die Gelder sollen die Defizite gegenüber anderen Betrieben in besser gestellten Gegenden abmildern.


Astrid Hatzel, die Vorstandschefin der Agrargenossenschaft Schmalkalden-Schwallungen, ist seit vielen Jahren als Botschafterin für benachteiligte Gebiete unterwegs. Sie ist die Vorsitzende der gleichnamigen Interessengemeinschaft beim Thüringer Bauernverband und legt sich lange schon genau für diese Betriebe ins Zeug – Stellvertreter ist Martin Berk von der Pflege-Agrar-Genossenschaft Bettenhausen. Immer wieder war auch bei den Ausgleichszahlungen schon der Rotstift im Anmarsch, sollten die Gelder deutlich gekürzt werden. Doch die finanzielle Unterstützung für all jene Betriebe konnte gesichert werden. Ein Selbstläufer war dies in all den Jahren aber nicht. Astrid Hatzel appellierte deshalb in Reurieth allgemein an die Berufskollegen, sich mehr für die eigenen Interessen einzusetzen und „endlich wieder mehr den Mund auf zu machen“. Sie erinnerte an Zeiten vor Jahren, als noch hitzigere Debatten angeschoben wurden und Klartext geredet wurde. Aus Sicht der Agrarchefin, die als fachlich sehr kompetent gilt, ist es zu ruhig geworden. Ihre Botschaft in Reurieth galt aber offenbar nicht nur den Südthüringer Berufskollegen, sondern auch der Verbandsspitze in Erfurt. Aribert Bach, der langjährige Kaltensundheimer Agrarchef, der inzwischen im Ruhestand ist, forderte, dass die Vorsitzende der Interessengemeinschaft „Benachteiligte Gebiete“ in jede Präsidiumssitzung des Thüringer Bauernverbandes eingeladen werden müsste. Immerhin geht es hier um die Existenz von zahlreichen Unternehmen – vor allem im Süden Thüringens. Johannes Schmidt, einer der drei Vorsitzenden des Südthüringer Regionalbauernverbandes, hat nicht nur einmal diesen ständigen Sitz im Präsidium bereits gefordert. „In mindestens zwei Protokollen ist das festgehalten“, erklärte er in Reurieth. Doch auf Landesebene werde der leidenschaftliche Einsatz der Südthüringer Landwirte für ihre Region „nicht überall immer gerne gesehen“. Die Südthüringer Landwirte wollen nun mit Nachdruck daraufhinarbeiten, dass die benachteiligten Betriebe mehr Gehör bekommen im Land.


Aus Sicht von Silvio Reimann, dem Agrarchef der Milch Land GmbH Veilsdorf, hätten sich die Betriebe in Südthüringen bislang dadurch ausgezeichnet, dass es hier noch einen Zusammenhalt und eine Kooperation gebe. „Da haut keiner den anderen in die Pfanne“, sagte er eingangs der Mitgliederversammlung. Auch Außenstehende hätten dies bereits bemerkt. Und das will man erhalten und auch gegenüber der Landesebene vertreten.


Der Pfersdorfer Agrarchef Toralf Müller, der zudem Vizepräsident des Thüringer Bauernverbandes ist, gab einen Überblick über agrarpolitische Themen, die die Landwirte derzeit und künftig beschäftigen. Der immer wieder benannte Umbau der Tierhaltung habe ihm zufolge wohl eher das Ziel, die Bestände zu reduzieren, anstatt umzubauen. Mit dem „Tierhaltungskennzeichnungsgesetz“ würden wieder neue behördliche Arbeitsplätze geschaffen. Aus Brüssel kämen zudem viele neue Ansagen. „Die Finanzierung soll grün werden“, sagte er. Banken sollten Kredite nur noch ausreichen, wenn Betriebe Klimaschutz und Nachhaltigkeit nachweisen können. Hier soll es eine ganze Reihe an Kriterien geben. Umfangreiche Maßnahmen zur „Natur-Wiederherstellung“ seien zudem geplant. „Ich wüsste jetzt nicht, wo wir hier bei uns die Natur wieder herstellen müssten“, so Müller. Deutschlandweit würde dies bedeuten, dass 960 000 Hektar Produktionsfläche verloren gehen würden. In diesen Zusammenhang verwies Astrid Hatzel, die Vorstandschefin der Agrargenossenschaft Schmalkalden-Schwallungen, auf die Leistungen, die gerade in den benachteiligten Gebieten auf dem Grünland erbracht würden. Eine Studie habe gezeigt, dass hier immens viel für die Artenvielfalt getan werde.

Den vollständigen Artikel finden Sie unter: https://www.insuedthueringen.de/inhalt.verbandstreffen-in-reurieth-bauern-wollen-auf-den-tisch-hauen.65383978-5b58-49f8-afd7-9496617557ab.html

Text und Foto: Birgitt Schunk / inSüdthüringen.de